Sind doppeldeutige Formulierungen im Arbeitszeugnis erlaubt?
Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer das Recht auf ein Arbeitszeugnis.Das wird im §109 der Gewerbeordnung (GewO) geregelt. Dort heißt es:
(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
Auch das Bürgerliche Gesetzbuch geht im §630 auf dieses Recht ein:
Bei der Beendigung eines dauernden Dienstverhältnisses kann der Verpflichtete von dem anderen Teil ein schriftliches Zeugnis über das Dienstverhältnis und dessen Dauer fordern. Das Zeugnis ist auf Verlangen auf die Leistungen und die Führung im Dienst zu erstrecken. Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Wenn der Verpflichtete ein Arbeitnehmer ist, findet § 109 der Gewerbeordnung Anwendung.
Die Rechtsprechung besagt, dass ein Arbeitszeugnis stets klar, wahr und wohlwollend sein sollte. Doch im Laufe der Zeit wurden doppeldeutige Formulierungen entwickelt, die eine negative Beurteilung positiv klingen lassen.
Hier einige Beispiele für doppeldeutige Formulierungen im Arbeitszeugnis:
- Die zunächst wohlwollende Aussage „Er machte sich stets mit großem Eifer an die ihm übertragenen Aufgaben.“ bedeutet eigentlich „Er war zwar sehr eifrig, aber sein Erfolg ließ zu wünschen übrig.“
- Oder die Aussage „Sie verstand es, alle Aufgaben stets mit Erfolg zu delegieren.“ kann auch „ Sie drückte sich vor der Arbeit, wo sie nur konnte.“ bedeuten.
- „Im Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten zeigte er durchweg eine erfrischende Offenheit.“ gibt die Meinung „Er war immer sehr vorlaut.“ wieder.
Sind sollte doppeldeutigen Formulierungen im Arbeitszeugnis überhaupt erlaubt?
Die bereits erwähnte GewO macht im §109, Abs. 2 darauf aufmerksam:
(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
Grundsätzlich sind solche doppeldeutigen Formulierungen also verboten, die den Arbeitnehmer kritisieren!
Das entschied auch das Landesarbeitsgericht Hamm (Az: 4 Sa 630/98):
Eine Krankenschwester wurde im Arbeitszeugnis mit dem Satz „Sie war sehr tüchtig und in der Lage, ihre eigene Meinung zu sagen.“ bewertet. Dies sollte wohl dem künftigen Arbeitgeber durch die Blume sagen, dass die Mitarbeiterin aufsässig ist und ihren Willen durchsetzen möchte. Die Krankenschwester klagte und bekam Recht.
Doppeldeutige Formulierungen im Arbeitszeugnis sind somit unzulässig und können angefochten werden.
Tatsächlich ist es so, dass die Verwendung von Geheimcodes gesetzlich verboten ist. Daher sind diese auch kaum in Zeugnissen zu finden, da jedes Gericht hier einer Klage stattgibt.
Wichtig zu wissen ist, dass es sich bei der Zeugnissprache um eine codierte Sprache handelt. Dies hat eine positiv lobende Sprache zur Folge, die sich aus dem Gebot des verständigen Wohlwollens entwickelt hat. Eben diese Art der Bewertung macht es für Laien so schwer, Formulierungen in Zeugnissen zu bewerten. Zu den häufigsten Auffälligkeiten gehört in Zeugnissen insbesondere die Technik des beredten Schweigens, indem man auf leistungsrelevante Bewertungen verzichtet und damit eine Leerstelle erzeugt (Note: mangelhaft). Darüber hinaus werden immer wieder folgende Techniken verwendet, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu kennzeichnen: die Negationstechnik (“Das Verhalten gab keinen Anlass zu Beanstandungen”), die Passivierungstechnik (“Sie wurde eingesetzt”), Die Ausweichtechnik (“Hervorzuheben ist seine Pünktlichkeit”) sowie die Widerspruchstechnik: (sehr gute Gesamtnote aber z. B. fehlende Dankes- und Bedauernsformel).